Zwischen Titelverteidigung, Abschiedskampfgeist und Schokolade

Was bundesweit für die Narren Hochsaison der Narren bedeutet, ist für die Karatekas eine intensive Vorbereitung auf die anstehenden Wettkämpfe. Einer der wichtigsten steht bereits diesen Samstag an: Die Landesmeisterschaft der Leistungsklasse in Gaildorf. Erkämpfen sich die Karatekas hierbei einen der begehrten Treppchenplätze qualifizieren sie sich gleichzeitig in der Disziplin Kumite (Freikampf) für die Deutsche Meisterschaft am 16.03.2016 in Bergisch Gladbach.

Doch nicht nur das Ticket für die Deutsche Meisterschaft gilt es zu lösen. Den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, stellt oftmals eine weitaus größere Herausforderung dar. So unterschiedlich die Kampfstile der drei Karatekas sind, so unterschiedlich sind auch ihre Motivation und Ziele.

Für Linda Kerner (27), die derzeit an der Universität Bamberg promoviert, ist das Ziel klar: Die Verteidigung ihres Landesmeistertitels. Obwohl die Owenerin in ihrer Gewichtsklasse bis 61 Kg einem starken Teilnehmerfeld entgegentreten wird, hat sie auch dieses Jahr wieder gute Chancen auf den Titelgewinn. Immerhin gehört Linda seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten Karatekas in Baden-Württemberg. Um ihr Ziel zu erreichen, standen in den vergangenen Monaten mehrere Vorbereitungsturniere auf dem Programm, bei denen sie ihre Favoritenrolle klar demonstrierte. Ein weiterer Erfolgsgarant stellt für sie das wöchentliche Trainingspensum dar, das drei Karate- und zwei Athletikeinheiten umfasst. Fragt man Linda nach den Gründen ihrer Leidenschaft zum Karate, schwärmt sie von der Ganzheitlichkeit der Fitness in ihrem Sport. Die Kombination von Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und der Umgang mit körperlichen sowie geistigen Herausforderungen, stellt für sie einen besonderen Reiz dar. Diese Herausforderungen wird sie auch am Samstag wieder meistern müssen, wenn es darum geht, ihr Ziel zu erreichen. Ganz im Sinne ihres Lieblingsspruchs von Steve Jobs: „Stay hungry. Stay foolish.“

Auch Lindas Bruder Henrik (22) hat das Karate-Gen geerbt. Der Maschinenbau-Student wird am Samstag in der Gewichtsklasse bis 84 Kg auf die Wettkampfmatte treten. Er möchte bei der Landesmeisterschaft ein „bestmögliches Ergebnis“ erkämpfen, um mit einem guten Gefühl in die kommende Wettkampfpause zu starten. Da er in wenigen Wochen ein mehrmonatiges Auslandssemester antreten wird, ist eine Teilnahme bei der Deutschen Meisterschaft trotz einer Platzierung nicht möglich. Dies stellt für den Owener allerdings keinen Grund dar, um seinen Kampfgeist nicht auf Hochtouren zu fahren. Nach seiner Rückkehr möchte er wieder zurück an die Wettkampffront. Sein Ziel erstreckt sich daher auf die kommenden Jahre, in denen er weiterhin als aktiver Athlet und Trainer dem VfL Kirchheim zur Verfügung stehen möchte. Dafür trainiert Henrik fast täglich: Ob Krafttraining im Fitnessstudio, Schnelligkeits-, Ausdauer- oder Karatetraining. Für Henrik ist kein Hindernis zu groß. Er freut sich am Samstag auf spannende Begegnungen und auf das Gefühl, als Sieger von der Matte zu gehen. Dass dies im Bereich des Möglichen liegt, konnte der sportbegeisterte Owener bereits in seiner erfolgreichen, zwölfjährigen Wettkampfkarriere mehrfach belegen. Sein Motto: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

Was für Linda und Henrik bereits Routine ist, wird für Michelle Pirisi (17) eine neue Wettkampfsituation darstellen: Die Schülerin des Ludwig-Uhland-Gymnasiums in Kirchheim kann zwar bereits auf eine elfjährige erfolgreiche Laufbahn im Karatesport zurückblicken, feiert am Samstag allerdings ihr Debüt in der Leistungsklasse. Dass in dieser Altersklasse ein anderer Wind weht, konnte sie bereits auf mehreren Turnieren außerhalb der Wettkampfmatte beobachten. Dennoch freut sie sich auf die neue Herausforderung, der sie mit Entschlossenheit und „Schlagfertigkeit“ entgegentreten möchte. Um bei der Landesmeisterschaft möglichst weit zu kommen, legte sie nicht nur viel Wert auf regelmäßiges Ausdauer- und Karatetraining, sondern auch auf ihr Geheimrezept: Schokolade. Die ausgeschütteten Glückshormone zeigten bereits im Training ihre Wirkung, sodass Michelle ihre Trainingspartner mit ihrem unbändigen Kampfwillen regelmäßig zur Verzweiflung getrieben hat. Dies möchte sie auch am Samstag bei ihren Gegnerinnen in der Gewichtsklasse bis 68 Kg erreichen. Außerdem freut sie sich auf den Mannschaftswettbewerb, bei dem sie mit Linda und weiteren erfolgreichen Kämpferinnen im Team starten wird. Bei all der Freude schwingt auch ein kleines bisschen der Respekt in ihren Worten mit: „Ich habe natürlich auch ein bisschen Angst vor Verletzungen und davor, frühzeitig auszuscheiden.“ Trotzdem sieht sie die Landesmeisterschaft als neue Chance sich unter der starken Konkurrenz einen Namen zu machen.

Um die eigenen Ziele zu erreichen, trainieren die Kirchheimer gemeinsam mit den Ludwigsburger Karatekas. Sieht es im Training oftmals nach brutalen Kämpfen aus, steckt dahinter eine große Gemeinschaft. Aus dieser ist in den letzten Jahren eine große Karatefamilie geworden, in der gegenseitige Unterstützung an erster Stelle steht. Diese gegenseitige Unterstützung wissen auch Linda, Henrik und Michelle zu schätzen- dürfen sie auch am Samstag wieder davon profitieren.

Während sich die Schützlinge in schweißtreibenden Trainingseinheiten auf die Landesmeisterschaft vorbereitet haben, blieb der Trainer Köksal Cakir (MTV Ludwigsburg) cool. Alle drei Kirchheimer Karatekas trainieren seit vielen Jahren unter seiner Obhut. Der ehemalige World Games-Sieger und über 20-fache Deutsche Meister gehört zu den erfolgreichsten Trainern im Ländle. Er freut sich auf die anstehende Landesmeisterschaft, die von seinen Schützlingen als Sprungbrett für die Deutsche Meisterschaft genutzt werden soll.